Auf die feinen Zeichen achten - Calming Signals

Wenn Hunde "ohne Vorwarnung" beißen, steckt oft eine Verkettung aus verschiedenen Faktoren dahinter. Mensch und Hund gelangen manchmal Schritt für Schritt zu einer Kommunikation voller Missverständnisse - auf beiden Seiten. Wenn es uns gelingt, diese Faktoren aufzuspüren und auszumerzen, können wir frei mit unseren Vierbeinern kommunizieren - und gelangen so zu einer entspannten Beziehung, die viel mehr Raum für ein unkompliziertes Leben bietet als das sture Abfordern von eintrainierten Kommandos.

 

Faktoren, die Missverständnisse fördern, sind z.B.:

  • das Bestrafen oder Verbieten von (drohender) Kommunikation (Knurren, Bellen, Schnappen, Zähne zeigen...)
  • eine für den Hund bedrohliche Körperhaltung seines Menschen, die vom Mensch nicht als solche erkannt wird (über den Hund beugen, über den Kopf streicheln, Umarmen, ohne Vorwarnung Hochheben...)
  • das Einfordern von Gehorsam/Kommandos, wenn der Hund eigentlich nicht in der Lage ist (z.B. bei Fuß gehen, wenn der Hund Angst vor etwas hat; das schnelle Vorbeilaufen an einem anderen Hund, ohne ihn begrüßen zu können...)
  • .....(hier könnten noch hunderte weitere stehen)

 

 

dieser Hund fährt die Zunge aus. Vielleicht ist ihm das Streicheln am Kopf unangenehm, vielleicht die Kamera.
dieser Hund fährt die Zunge aus. Vielleicht ist ihm das Streicheln am Kopf unangenehm, vielleicht die Kamera.

Bevor ein Hund in die drohende Kommunikation wechselt, sendet er meist etliche, sehr feine Signale aus, die wir Menschen übersehen. Das ist auch nicht überraschend - haben wir uns doch auf die verbale, also gesprochene Sprache spezialisiert und erkennen Änderungen in Körperhaltung und Gesichtsausdruck nicht so gut, wie Hunde, die vorwiegend körpersprachlich kommunizieren.

 

Turid Rugaas hat als erste die "Beschwichtigungssignale" (Calming Signals) für Hunde beobachtet und zusammengefasst. Sie werden ausgesendet, wenn ein Konflikt droht, um ihm friedlich entgegenzuwirken.

 

Beispiele für Beschwichtigungssignale sind:

  • den Kopf/den Blick abwenden
  • blinzeln
  • gähnen
  • über den Nasenspiegel/die Schnauze lecken
  • schmatzen
  • die Körperseite zudrehen
  • hinsetzen, hinlegen
  • mit niedrigem Schwanz wedeln
  • pföteln
  • ...

Ich lege allen Hundehaltern das Buch von Turid Rugaas ans Herz. Sie werden staunen, wie viel Sie über die Gemütslage Ihres Hundes erfahren, und in wie vielen Situationen er sich unwohl fühlt.

Das Aussenden dieser Signale bedeutet übrigends noch nicht, dass ein Hund Angst hat oder stark leidet. Es deutet auf einen Konflikt hin. Der Hund versucht, diesen Konflikt aufzulösen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen.

 

Zur Verdeutlichung ein Beispiel:

 

Zwei Hunde leben im gleichen Haushalt zusammen. Einer der Hunde wird gerade gestreichelt. Der andere kommt hinzu und schnüffelt am Ohr des gestreichelten Hundes. Dieser macht sich kurz steif, knurrt vielleicht oder zieht die Lefzen hoch. Der andere versteht: Das war zu nah. Er wendet den Blick ab und gähnt. Konflikt erkannt - Gefahr gebannt.

Achtung:

 

Natürlich ist nicht jedes Gähnen ein Anzeichen für Konflikte. Manchmal sind Hunde auch einfach müde. Hunde schütteln sich, um Anspannung loszuwerden und die Muskeln aufzulockern - oder, wenn sie nass sind, um ihr Fell zu trocknen. Auch Strecken kann eine mögliche Anspannung ausbalancieren - der Hund ist aber vielleicht einfach gerade aufgestanden.

Ein Hund, der sich auf den Rücken dreht, um am Bauch gestreichelt zu werden, will damit wahrscheinlich nicht Unterwerfung demonstrieren.

 

Die angegebenen Verhaltensweisen sind also im jeweiligen Kontext zu sehen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Vati (Montag, 24 März 2014 21:45)

    stimmt, Dich hat auch mal ein Hund leicht gebissen, und es war nur ein Missverständnis